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Ist Bannerwerbung noch zeitgemäß?

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    Thomas Schefter

Vor 10 Jahren war die Welt der Internetwerbung noch in Ordnung. Wer eine beliebte Webseite hatte, konnte diese relativ einfach über Google AdSense oder ein anderes Werbenetzwerk finanzieren.

Spätestens seit 2018 rückte der Datenschutz durch die DSGVO (zu Recht) in den Fokus. Viele Datenschutzlücken konnten leicht geschlossen werden, indem man alternative Lösungen für Analytics, externe Schriften, Scripte oder Social-Media-Buttons suchte.

Nur beim Thema Werbung ist es immer noch schwierig. Die Werbeindustrie hält an ihren Cookies fest, bis das Schiff untergegangen ist. Bei Adsense, Google Ad Manager oder AdExchange ist es zum Beispiel so, dass überhaupt keine Anzeigen geschaltet werden, wenn im Einwilligungsdialog keine zusätzlichen Cookies akzeptiert werden. Rechtlich ist eine Vorauswahl dieser Cookies nicht erlaubt. Der User muss also aktiv zustimmen, was wohl niemand bewusst tun wird. Um doch noch ein „Alle Cookies akzeptieren“ vom genervten Besucher zu bekommen, läßt man sich allerhand dubiose Techniken einfallen. So wird oft der „Alle akzeptieren“-Button super präsent hervorgehoben, während der „Ablehnen“ Button irgendwo versteckt ist. Im mitgelieferten Einwilligungsdialog von Google Adsense kann man den „Nicht einwilligen“ Button ausblenden, sodass der User die zusätzlichen Cookies erst über „Optionen verwalten“ und „Auswahl bestätigen“ ablehnen muss. (da nicht notwendige Cookies nicht vorausgewählt sein dürfen, kommt „Auswahl bestätigen“ einer Ablehnung gleich). Eigentlich darf der Ablehnen-Button nicht auf einer Unterseite versteckt sein.

Wenn man in einem beliebigen rechtskonformen Einwilligungsdialog einer Webseite auf „Nicht einwilligen“ oder „Nur notwendige Cookies“ oder auf „Optionen verwalten“ und dann „Auswahl bestätigen“ klickt, sind die allermeisten Webseiten praktisch werbefrei. Dafür braucht es nicht mal einen AdBlocker. Es wäre okay, wenn ohne Cookies nicht personalisierte Anzeigen ausgeliefert würden, aber es werden gar keine Anzeigen ausgeliefert. Das ist vielleicht gut für den User, aber wenn ein Angebot kostenfrei bleiben soll, muss es sich irgendwie finanzieren. Ich denke hierbei nicht an die mit Werbung zugepflasterten großen Portale wie Web.de, Bild, Stern oder Giga. Sondern an den kleinen engagierten Betreiber eines Wiki oder Blogs, der mit dem verhältnismäßig sparsamem Einsatz von Werbung sein Projekt finanzieren möchte.

Leider sind AdSense und andere mir bekannte Werbenetzwerke im Jahr 2024 immer noch nicht in der Lage, Werbung ohne Cookies zu schalten. Zu den 30% der Nutzer, die AdBlocker verwenden, kommen also noch diejenigen hinzu, die nicht auf "Alles akzeptieren" klicken. Ist Bannerwerbung auf Webseiten tot? Da auch die meisten deutschen Online-Vermarkter auch nur die Technik von Google nutzen, sehe ich derzeit keine funktionierende Alternative. Affiliate-Netzwerke wie AWIN haben für meine Projekte leider nicht funktioniert und brachten bei höherem Verwaltungsaufwand weniger als 10% der Einnahmen im Vergleich zu Adsense ein. Es mag sein, dass Affiliate für bestimmte Nischenthemen und Influencer funktioniert. Ein Werbenetzwerk welches datenschutzkonform ohne nervige Cookiebanner funktioniert, würde offene Türen einrennen.

Nach Inkrafttreten der DSGVO hat sich eine regelrechte CMP- (Consent Management Plattform) Industrie entwickelt, die viel Geld mit dem Service für das Einholen der Zustimmung verdient und selbst wieder Daten sammelt (teilweise mit Sitz in den USA). Das ist für mich ein typisches Beispiel, wie ein gut gemeintes Gesetz durch spitzfindiges Ausnutzen einer ausufernden Bürokratie nach hinten losgeht. Das können wir Deutschen anscheinen sehr gut 😉.

Viele Webseiten benötigen den nervigen Cookie Consent nur, weil sie ein Werbenetzwerk wie AdSense nutzen. Manchmal frage ich mich, ob es nicht besser wäre, das Problem auf der Ebene von Browsers oder Betriebssystem zu lösen, als auf jeder Website immer wieder die gleiche Abfrage zu starten. Datenschutz ist sehr wichtig, aber hier finde ich es unglücklich umgesetzt. Zudem habe ich den Verdacht, dass die großen Netzwerke und Konzerne wie Facebook, Twitter, Google & Co. als Sieger aus der zunehmenden Regulierung des Internets hervorgehen. Während kleine Webseiten aufgrund des steigenden Aufwandes irgendwann aufgeben. Das führt zur Abnahme der Anzahl der Anbieter im Internet und zur Konzentration auf wenige große Unternehmen von denen wir in Zukunft unsere Informationen beziehen. Also das Gegenteil der eigentlichen Idee des Internets.